Vorwort

„Macht Euch die Erde untertan“ ­– Diese fast 3000 Jahre alte Aufforderung hat die Menschheit häufig falsch verstanden oder auch falsch verstehen wollen. Gemeint war damals, im Schweiße des Angesichts mit Hackstock und Holzpflug Getreidekörner in den Boden zu legen und auf den segnenden Regen zu warten, um schließlich die spärliche Ernte für den Winter oder für schlechte Zeiten in geflochtenen Körben nach Hause zu tragen. Zu einer Zeit, als die Landressourcen noch unbegrenzt erschienen, weil niemand die Grenze der Welt kannte und überall jungfräuliches Land gefunden werden konnte, hatte solch ein Satz eine ganz andere Bedeutung als heute. Wir wissen, dass die letzten zwei Generationen der Menschheit die nicht vermehrbare Bodendecke in einem Maße belastet, degradiert, vergiftet und zerstört hat, dass dies schon heute vielen Menschen das Leben kostet.

Böden sind sehr komplexe Ausschnitte der oberen Erdkruste. Sie sind gleichzeitig Naturkörper und Kulturgut. Die Bodendecke ist nicht vermehrbar und Böden sind in strengem Sinne nicht wiederherstellbar aber man kann ihre Funktionen erhalten oder gar neu herstellen. Seit etwa vier Jahrzehnten reift die Erkenntnis, dass ohne einen Schutz des dritten Umweltmediums, der Böden, die Zukunft der Menschheit gefährdet ist. Leider ist diese Erkenntnis noch nicht überall entsprechend umgesetzt. Aufgrund kurzfristiger, unabweisbarer Bedürfnisse schreitet die Bodenbelastung und Bodenzerstörung weltweit weiter fort.

Nach über 20 Jahren kann festgestellt werden, dass durch das deutsche Bodenschutzgesetz (BBodSchG, 1998) wirklich eine Trendwende in unserem Land erreicht werden konnte. Bodenkundlicher Sachverstand ist in der Umweltverwaltung und in der Praxis heute fast überall präsent. Dies zeigt beispielweise die sich erfreulich entwickelnde bodenkundliche Baubegleitung.

Den eigentlichen Schub für den aktiven Bodenschutz hat aber nicht das Gesetz ausgelöst, sondern die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV), die im Jahre 2021 nach langen zähen Verhandlungen endlich in neuer Fassung beschlossen werden konnte.

An dieser Verordnung setzt das Onlinewerk Bodenuntersuchung online mit dem Handbuch der Boden- und Feststoffuntersuchungen an. Es macht alle Methoden, die in der Verordnung erwähnt oder vorausgesetzt werden, direkt verfügbar ist. Es deckt den gesamten Bereich bodenkundlicher Untersuchungen ab, der die Auswahl von Probenahmeorten, Probentransport, Probenvorbereitung und -aufbereitung, Extraktions- und Fraktionierungsverfahren, analytische Messungen und nachfolgende Auswertungen umfasst. Dieses Handbuch hat erfolgreich seinen Anspruch eingelöst, den gesamten Bereich der Bodenuntersuchung, Bodenanalytik und Bodenbewertung für die praktische Anwendung zusammenfassend und umfassend darzustellen. Die Online-Version erlaubt einen direkten Zugang in jedem Labor, an jedem Arbeitsplatz und auch im Feld, wo die Böden untersucht oder beprobt werden. Über die Bodenschutzverordnung hinaus sind auch Methoden zu finden, die für weitere Verordnungen wichtig sind (Klärschlammverordnung, AbfKlärV; Bioabfallverordnung, BioAbfV; Deponieverordnung, DepV; Düngeverordnung, DüngV).

Dankbarkeit empfinden Bodenkundler*innen, wenn sie feststellen, dass die Anliegen unserer Böden in vielen wissenschaftlichen und technischen Organisationen so präsent sind, dass der Aufruf zur Mitarbeit bei der Erstellung dieses Handbuches bereits in der ersten Phase der Bearbeitung im Jahre 1999 einen großen Widerhall fand. Erfreulich ist auch, dass eine aktive und mit hervorragenden Fachleuten besetzte Redaktionsgruppe besteht, so dass immer ein auf dem neuesten Stand befindliches Werk vorgelegt werden kann. Möge dieses Werk allen an Böden und Bodenschutz Interessierten dienen.

Prof. Prof.h.c. Dr. Dr.h.c. Karl Stahr
Vorsitzender des Beirats